Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan im Werkvertrag
Facility Management: Verträge und Vereinbarungen » FM-Verträge » Werkverträge » Gesundheitsschutzplan
Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan (SiGe-Plan)
Ein Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan (SiGe-Plan) ist ein umfassendes Dokument, das alle wichtigen Maßnahmen und Regeln für die Arbeitssicherheit auf einer Baustelle festhält. Er dient als zentrales Präventionsinstrument, um Unfälle zu vermeiden und die Zusammenarbeit verschiedener Gewerke sicher zu gestalten. Die Pflicht zur Erstellung eines SiGe-Plans ist in der deutschen Baustellenverordnung (BaustellV) von 1998 verankert. Diese Verordnung verpflichtet den Bauherrn (Auftraggeber) unter bestimmten Voraussetzungen zur Ausarbeitung eines SiGe-Plans bereits in der Planungsphase eines Bauprojekts. Ziel ist es, Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz frühzeitig in die Projektplanung zu integrieren und durch bessere Koordination aller Beteiligten Arbeitsunfälle systematisch zu verhindern.
Ein SiGe-Plan muss vor Baubeginn erstellt werden und während der gesamten Bauphase auf der Baustelle für alle gut sichtbar ausgehängt sein. Er wird bei Bedarf laufend aktualisiert, sobald sich im Bauablauf relevante Änderungen ergeben. Damit wird sichergestellt, dass der Plan stets den aktuellen Gegebenheiten entspricht und alle Beteiligten immer über die notwendigen Sicherheitsmaßnahmen informiert sind. Der SiGe-Plan ist ein „lebendiges Dokument“, das während des Projekts gepflegt und angepasst wird. Ein gut strukturierter und regelmäßig fortgeschriebener SiGe-Plan trägt maßgeblich zur Unfallverhütung auf Baustellen bei und sensibilisiert alle Beteiligten für Arbeitsschutz.
Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan im Werkvertrag
Voraussetzungen für die SiGe-Plan-Pflicht
Die Pflicht, einen SiGe-Plan zu erstellen, hängt von Art und Umfang der Bauarbeiten ab. Die Baustellenverordnung gibt klare Kriterien vor, wann ein SiGe-Plan erforderlich ist.
Insbesondere sind folgende Bedingungen relevant:
Größere Bauvorhaben: Bei Baustellen, deren Dauer voraussichtlich mehr als 30 Arbeitstage beträgt und auf denen mehr als 20 Beschäftigte gleichzeitig tätig sind, oder bei Baustellen mit einem voraussichtlichen Arbeitsumfang von über 500 Personentagen, müssen alle Maßnahmen gemäß BaustellV ergriffen werden. In solchen Fällen ist eine Vorankündigung des Bauvorhabens an die Aufsichtsbehörde erforderlich und ein SiGe-Plan zwingend zu erstellen. Diese Schwellenwerte definieren größere Baustellen im Sinne der Verordnung.
Mehrere Arbeitgeber auf der Baustelle: Bereits bei kleineren Bauvorhaben greift die Verordnung, sobald Beschäftigte mehrerer Arbeitgeber gleichzeitig auf der Baustelle tätig sind. In diesem Fall muss mindestens ein Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinator (SiGeKo) vom Bauherrn bestellt werden. Der SiGeKo übernimmt die Koordination des Arbeitsschutzes zwischen den verschiedenen Firmen. Sobald mehrere Unternehmen beteiligt sind und koordinierungsbedürftige oder gefährliche Arbeiten anstehen, ist oftmals ebenfalls ein SiGe-Plan erforderlich, um die zusammenwirkenden Schutzmaßnahmen festzulegen.
Besonders gefährliche Arbeiten: Unabhängig von der Projektgröße schreibt die Verordnung vor, dass bei speziellen Gefährdungen ein SiGe-Plan erstellt werden muss. Ein typisches Beispiel ist eine mögliche Absturzhöhe von über 7 Metern bei Arbeiten in großer Höhe. Selbst bei kürzerer Bauzeit oder weniger Personal muss in so einem Fall ein SiGe-Plan die notwendigen Sicherheitsmaßnahmen für diese gefährliche Tätigkeit dokumentieren. Die Baustellenverordnung listet in einer Anlage bestimmte besonders gefährliche Arbeiten auf – treten solche auf, ist ein SiGe-Plan vorgeschrieben, um entsprechende Schutzvorkehrungen zu koordinieren.
Ein SiGe-Plan ist immer dann vorgeschrieben, wenn auf der Baustelle mehrere Firmen zusammenarbeiten und dabei entweder das Projekt groß ist oder besondere Gefahren bestehen. In der Praxis wird daher bei komplexeren Bauleistungen im Rahmen eines Werkvertrags (z.B. im Facility Management) sorgfältig geprüft, ob diese Kriterien erfüllt sind. Ist dies der Fall, muss der Bauherr frühzeitig für die Erstellung des Plans sorgen. Wird entgegen der Verpflichtung kein SiGe-Plan aufgestellt, verstößt der Bauherr gegen Arbeitsschutzvorschriften – dies kann behördliche Auflagen oder Bußgelder nach sich ziehen.
Zuständigkeiten bei Erstellung und Umsetzung
Hauptverantwortlicher für den SiGe-Plan ist der Bauherr (Auftraggeber). Nach der Baustellenverordnung trägt der Bauherr die Gesamtverantwortung dafür, dass ein SiGe-Plan bei Bedarf erstellt wird. Er kann diese Aufgabe an einen geeigneten Dritten delegieren, bleibt jedoch in der Pflicht, die Einhaltung sicherzustellen. In der Regel beauftragt der Bauherr einen speziell qualifizierten Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinator (SiGeKo) mit der Ausarbeitung und Betreuung des SiGe-Plans. Der SiGeKo ist eine fachkundige Person (oft ein Architekt, Ingenieur oder Sicherheitsingenieur) mit besonderer Ausbildung im Baustellensicherheitsmanagement. Er wird idealerweise schon in der Planungsphase eingebunden, um Sicherheitsaspekte von Anfang an zu berücksichtigen.
Die Aufgabenverteilung im Zusammenhang mit dem SiGe-Plan lässt sich wie folgt zusammenfassen:
Bauherr: Beauftragt und veranlasst die Erstellung des SiGe-Plans und trägt die oberste Verantwortung für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz auf der Baustelle. Er muss sicherstellen, dass ein qualifizierter Koordinator eingesetzt wird und alle rechtlichen Vorgaben erfüllt werden.
SiGe-Koordinator (SiGeKo): Erarbeitet den SiGe-Plan inhaltlich und ist für die fachgerechte Ausarbeitung sowie kontinuierliche Aktualisierung des Plans zuständig. Der SiGeKo identifiziert Gefährdungen, plant Schutzmaßnahmen und passt den Plan an, sobald sich Änderungen im Bauablauf ergeben. Außerdem überwacht er die Umsetzung der Sicherheitsmaßnahmen während der Bauausführung und koordiniert die Zusammenarbeit der verschiedenen Unternehmen in Sicherheitsfragen.
Ausführende Unternehmen (Auftragnehmer): Alle am Bau beteiligten Firmen und Arbeitgeber sind verpflichtet, die im SiGe-Plan festgelegten Maßnahmen umzusetzen und einzuhalten. Jeder Arbeitgeber bleibt weiterhin für den Arbeitsschutz seiner eigenen Beschäftigten verantwortlich und muss die allgemeinen Pflichten (wie Gefährdungsbeurteilungen, Unterweisungen, Bereitstellung von Schutzausrüstung etc.) erfüllen. Der SiGe-Plan entbindet die einzelnen Unternehmer nicht von ihrer eigenen Verantwortung, sondern dient der koordinierten Ergänzung der Schutzmaßnahmen zwischen den Gewerken.
In Fällen, in denen die Baustellenverordnung greift, wird im Werkvertrag typischerweise festgelegt, dass vor Einrichtung der Baustelle in Abstimmung mit dem Auftraggeber ein SiGe-Plan zu erstellen und ein SiGeKo zu benennen ist. Damit wird vertraglich sichergestellt, dass der Auftragnehmer die Planung des SiGe-Plans unterstützt und die Koordination des Arbeitsschutzes aktiv mitträgt. Der SiGeKo arbeitet eng mit dem Bauherrn und den ausführenden Firmen zusammen, um die vorgeschriebenen Sicherheitsmaßnahmen effektiv umzusetzen.
Inhalt und Struktur des SiGe-Plans
Ein SiGe-Plan folgt klar definierten inhaltlichen Vorgaben, die in den Regeln zum Arbeitsschutz auf Baustellen (RAB 31) festgelegt sind. Diese Vorgaben stellen sicher, dass alle sicherheitsrelevanten Aspekte einer Baustelle abgedeckt werden.
Zu den Kernelementen eines SiGe-Plans gehören insbesondere:
Übersicht der Arbeitsabläufe nach Gewerken: Darstellung der geplanten Arbeitsphasen und -schritte, gegliedert nach den beteiligten Gewerken (Bauhandwerken). Dies zeigt, wer wann welche Arbeiten ausführt.
Gewerkübergreifende Gefährdungsanalyse: Identifikation von Gefährdungen, die sich aus dem Zusammenwirken verschiedener Gewerke ergeben, z.B. Absturzgefahren durch offene Geschosse oder nicht gesicherte Treppen während paralleler Arbeiten. Hierbei werden Risiken betrachtet, die ein einzelnes Gewerk für sich allein nicht hätte, die aber durch die gleichzeitige Tätigkeit mehrerer Firmen entstehen.
Schutzmaßnahmen und Koordination: Konkrete Maßnahmen zur Vermeidung oder Verringerung der identifizierten Gefährdungen werden festgelegt. Jeder Gefahr ist eine geeignete Schutzmaßnahme zugeordnet – etwa Absperrungen, Absturzsicherungen, besondere Schutzausrüstung oder zeitliche Trennung bestimmter Arbeiten. Zudem wird beschrieben, wie die Koordination dieser Maßnahmen erfolgt und wer dafür verantwortlich ist.
Anzuwendende Arbeitsschutzvorschriften: Auflistung der einschlägigen Arbeitsschutzbestimmungen (Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, technische Regeln), die auf der Baustelle zu beachten sind. So wird transparent, welche rechtlichen Vorgaben den einzelnen Schutzmaßnahmen zugrunde liegen.
Darüber hinaus kann ein SiGe-Plan noch weitere Inhalte enthalten, um die Sicherheit auf der Baustelle umfassend zu dokumentieren. Häufig werden z.B. auch folgende Punkte integriert: Verweise auf mitgeltende Unterlagen (wie Baustellenordnungen, Notfallpläne), eine Liste aller beauftragten Unternehmen und Ansprechpartner, besondere Maßnahmen zum Schutz Dritter (z.B. Absicherung gegenüber Publikumsverkehr) sowie Regelungen zu Sicherheitsbegehungen und Unterweisungen. Diese zusätzlichen Informationen erhöhen die Praktikabilität des Plans und helfen allen Beteiligten, ihre Pflichten klar zu verstehen. Wichtig ist, dass der SiGe-Plan nicht nur formale Vorgaben auflistet, sondern konkrete Handlungsanweisungen für den Baustellenalltag liefert. Er sollte übersichtlich aufgebaut sein, damit jeder – vom Bauleiter bis zum Vorarbeiter – schnell die für ihn relevanten Sicherheitsaspekte finden kann.
Einbindung des SiGe-Plans in den Werkvertrag
Damit die im SiGe-Plan vorgesehenen Sicherheitsmaßnahmen auch tatsächlich umgesetzt werden, muss der Plan vertraglich verankert sein. In der Praxis wird der SiGe-Plan Bestandteil der Ausschreibungs- und Vertragsunterlagen bei Bauprojekten. Das bedeutet, der Plan (bzw. ein Entwurf davon) wird bereits den Bietern im Rahmen der Leistungsbeschreibung mitgegeben, so dass alle Anbieter die gleichen Sicherheitsvorgaben kalkulieren und akzeptieren. Sobald der Zuschlag erteilt und der Werkvertrag geschlossen ist, wird der SiGe-Plan automatisch Vertragsbestandteil. Dies schafft Verbindlichkeit: Der beauftragte Auftragnehmer ist vertraglich verpflichtet, die im SiGe-Plan festgelegten Maßnahmen umzusetzen. Gleichzeitig weiß der Auftraggeber, dass die Sicherheitsposten berücksichtigt wurden und keine Abstriche bei notwendigen Schutzmaßnahmen gemacht werden.
Je nach Vorgehensweise kann der SiGe-Plan als separater Anhang dem Werkvertrag beigefügt sein oder in die Leistungsbeschreibung integriert werden. Beide Varianten sind zulässig. Wichtig ist lediglich, dass im Vertragstext eindeutig geregelt ist, dass ein SiGe-Plan Bestandteil des Leistungsumfangs ist und vom Auftragnehmer zu beachten ist. Häufig findet sich im Werkvertrag eine Klausel, die auf den SiGe-Plan verweist, oder der Plan wird als Anlage nummeriert und dem Vertrag beigelegt. Alternativ kann die Leistungsbeschreibung Passagen enthalten, die die Inhalte des SiGe-Plans wiedergeben oder auf diesen Bezug nehmen. Die Aufnahme des SiGe-Plans in die Vertragsdokumente gewährleistet, dass alle Beteiligten vertraglich gebunden sind, die vorgesehenen Sicherheits- und Gesundheitsmaßnahmen einzuhalten. Zudem obliegt es dem Auftragnehmer, die Hinweise des SiGe-Koordinators und die Vorgaben des SiGe-Plans in seiner Arbeitsvorbereitung und Durchführung zu berücksichtigen.
Fortführung, Aktualisierung und Verfügbarkeit des Plans
Nachdem der SiGe-Plan initial erstellt und vertraglich vereinbart wurde, muss er während der Projektdurchführung aktiv fortgeschrieben werden. Änderungen im Bauablauf – etwa geänderte Bauphasen, zusätzliche Gewerke oder neue Gefährdungen – machen eine unverzügliche Aktualisierung des SiGe-Plans erforderlich. Die Baustellenverordnung verlangt eine kontinuierliche Anpassung; der Plan muss stets den aktuellen Stand der Baustelle widerspiegeln. Der SiGe-Koordinator ist dafür verantwortlich, den Plan bei Bedarf zu überarbeiten und Änderungen umgehend an alle Beteiligten zu kommunizieren. Der Auftragnehmer wiederum hat im Vertrag oft die Pflicht, dem Bauherrn jede relevante Veränderung anzuzeigen und die Mitwirkung aller Firmen bei der Aktualisierung sicherzustellen.
Zudem schreibt die Verordnung vor, dass der jeweils aktuelle SiGe-Plan auf der Baustelle verfügbar und einsehbar sein muss. In der Praxis wird er an einem zentralen Ort (z.B. im Baubüro oder an einem Anschlagbrett) ausgehängt, sodass Mitarbeiter und Behörden ihn jederzeit einsehen können. Bei Kontrollen durch Arbeitsschutzbehörden dient der SiGe-Plan als Nachweis, dass der Bauherr seinen Koordinationspflichten nachkommt und alle notwendigen Schutzmaßnahmen geplant hat. Für die auf der Baustelle Beschäftigten bietet der aushängende Plan Transparenz über die geltenden Sicherheitsregeln und ihre eigenen Pflichten.
Es lässt sich festhalten, dass der Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan ein unverzichtbarer Vertragsbestandteil bei Bauleistungen ist, sobald gewisse Größenordnungen oder Gefahren erreicht werden. Er übersetzt die gesetzlichen Vorgaben der Baustellenverordnung in konkrete, projektbezogene Anweisungen und schafft damit klare Verhältnisse. Durch die Verankerung des SiGe-Plans im Werkvertrag wird sichergestellt, dass Arbeitsschutz nicht dem Zufall überlassen bleibt, sondern von allen Vertragspartnern als verbindliche Aufgabe wahrgenommen wird. Dieses hohe Schutzniveau kommt nicht nur den Beschäftigten auf der Baustelle zugute, sondern trägt auch zum reibungslosen Projektablauf bei, da Unfälle und Störungen proaktiv verhindert werden. Die gründliche Erarbeitung und laufende Pflege des SiGe-Plans ist daher ein Kennzeichen verantwortungsbewusster Projektabwicklung und professionellen Facility Managements im Baubereich.
