Ein Generalunternehmer-Vertrag (GU-Vertrag) regelt die Ausführung eines Bauprojekts, bei dem ein Generalunternehmer (GU) sämtliche Bauleistungen koordiniert und in der Regel schlüsselfertig an den Auftraggeber (Bauherrn) übergibt. Ein GU-Vertrag bietet dem Auftraggeber den Vorteil, nur einen zentralen Ansprechpartner für sämtliche Ausführungsleistungen zu haben – von der Baustellenlogistik bis zur schlüsselfertigen Übergabe. Je detaillierter die Vorgaben (Planungsgrundlagen, Materialstandards, Ausführungsdetails), desto geringer das Nachtrags- und Streitpotenzial. Notwendig ist eine klare Risikoverteilung, insbesondere beim Baugrund, bei behördlichen Verzögerungen und bei Materialpreissteigerungen. Ein professionelles Änderungs- und Mängelmanagement regelt und dokumentiert designbedingte Änderungen und Bauabweichungen. Ein externer FM-Berater und Projektsteuerer kann den Bauherrn unterstützen, die Bauqualität zu prüfen und Probleme rechtzeitig zu erkennen. Zur soliden finanziellen und zeitlichen Absicherung dienen Bürgschaften, Versicherungen, ausreichende Terminpuffer und klare Regelungen bei Verzug oder Insolvenz.
Generalunternehmer (GU): Übernimmt die Ausführung aller Bauleistungen, kann jedoch Teile an Nachunternehmer (Subunternehmer) vergeben.
Planung kommt in der Regel von extern (Architekt, Fachplaner), der GU steuert anschließend die Bauphase.
Generalübernehmer (GÜ): Vergibt sämtliche Bauleistungen ausschließlich an Nachunternehmer, ohne selbst handwerklich tätig zu werden.
Totalunternehmer (TU): Übernimmt neben der Ausführung zusätzlich die (Haupt-)Planung.
Für den Auftraggeber ist es wichtig zu klären, ob der GU tatsächlich auch Eigenleistungen erbringt, oder ob er die Arbeiten nur „durchreicht“. Diese Abgrenzung wirkt sich auf Haftungsfragen, Koordination und die Preisgestaltung aus.
Planung und Verantwortungsbereiche
Planungsverantwortung: Häufig liegt die wesentliche Entwurfs- und Ausführungsplanung beim Auftraggeber bzw. dessen Architekten und Fachplanern.
Der GU hat eine Prüf- und Hinweispflicht, wenn ihm Planungsfehler oder Unstimmigkeiten auffallen.
Schnittstellen zwischen Planung und Ausführung: Klare Festlegungen, wer Detailpläne, Werk- und Montagepläne erstellt.
Mitwirkungspflichten des Auftraggebers bei Genehmigungsverfahren (z. B. Baugesuche, Brandschutzkonzepte).
Abgrenzung von Eigenleistungen: Werden bestimmte Bereiche (z. B. Außenanlagen, besondere technische Einrichtungen) vom Bauherrn selbst oder von Dritten ausgeführt, ist dies ausdrücklich im Vertrag zu regeln.
Änderungen und Designanpassungen
Change-Request-Verfahren: Ausführliche Regelung, wie der Auftraggeber Änderungswünsche einbringt (Form, Fristen) und wie der GU darauf reagiert (Kostenschätzung, Terminfolgen).
Ggf. Festlegung einer Frist, in der der GU ein verbindliches Angebot für die Änderung vorlegt.
Design Freeze: Bestimmung eines Zeitpunkts, ab dem keine wesentlichen Plan- oder Materialänderungen mehr möglich sind, um Termin- und Kostenrisiken zu begrenzen.
Risiko von Nachträgen: Je detaillierter das Vertragswerk und die Planung zu Baubeginn, desto geringer das Nachtragsrisiko.
Änderungen während der Ausführung sollten klar dokumentiert und einvernehmlich freigegeben werden.
Vergütungsmodelle und Preisgleitklauseln
Pauschalvertrag: Der GU übernimmt das Risiko von Mengenmehrungen.
Für den Bauherrn bietet dies Kostensicherheit, sofern die Leistungsbeschreibung eindeutig ist.
Einheitspreisvertrag: Abrechnung nach tatsächlich erbrachten Mengen.
Der Bauherr hat genauere Nachweispflichten bei Mengenermittlungen, trägt aber auch das Risiko, dass sich Mengen erhöhen.
Guaranteed Maximum Price (GMP): Der GU garantiert eine Obergrenze (Maximalpreis). Einsparungen können zwischen GU und Auftraggeber geteilt werden.
Preisgleitklauseln: Vereinbarungen, die Preisanpassungen erlauben, wenn sich z. B. Stahl- oder Rohstoffpreise extrem verändern. Damit kann man Bauzeitrisiken und Marktschwankungen abfedern.
Risikoverteilung bei unvorhergesehenen Umständen
Baugrundrisiko: Wer trägt Kosten, wenn der tatsächliche Boden von den Gutachten abweicht (z. B. Kontamination, Bodenaustausch)?
In der Praxis erstellt der Auftraggeber ein Bodengutachten. Der GU kalkuliert auf dessen Basis. Wird ein abweichender Zustand festgestellt, sollte ein Nachtragsmechanismus definiert sein.
Wetterrisiko und höhere Gewalt: Festlegung, welche Ereignisse (Unwetter, Streiks, Naturkatastrophen) Terminverschiebungen rechtfertigen oder ggf. Mehrkosten verursachen.
Baurechtliche und behördliche Auflagen: Sind etwaige Verzögerungen durch Genehmigungsverfahren oder Nachforderungen der Behörden im Festpreis enthalten, oder führen sie zu Anpassungen?
Building Information Modeling (BIM)
Digitaler Datenaustausch: Festlegung, in welchen Formaten (z. B. IFC) und auf welchen Plattformen die Planungsdaten bereitgestellt werden.
Vertragliche BIM-Anforderungen: Definition des sogenannten Level of Detail (LOD), Kollisionsprüfung, Rollen und Verantwortlichkeiten (wer aktualisiert das Modell, wer hat Änderungsrechte?).
Haftungsfragen: Klärung, wie sich Planungsfehler im Modell auf den GU-Vertrag auswirken (Übernahme, Prüfpflicht, Nachbesserung).
Dokumentation und As-Built-Unterlagen
Übergabe von Plan- und Revisionsunterlagen: Der GU schuldet dem Bauherrn umfassende Dokumentationsunterlagen (Werkpläne, Statiken, TGA-Schemata, Messprotokolle, Prüfzeugnisse).
Abnahmeprotokolle und Testberichte gehören ebenfalls dazu.
Digital oder analog: Zunehmend fordern Bauherren digitale Dokumentation (z. B. BIM-Modelle im As-Built-Stand, Wartungsunterlagen als PDF oder Online-Zugang).
Zeitpunkt der Übergabe: Mit der Schlussabnahme oder kurz danach, damit der Betrieb reibungslos anlaufen kann.
Nachhaltigkeits- und Green-Building-Anforderungen
Zertifizierungen: Wenn ein Gebäude nach DGNB, LEED oder BREEAM zertifiziert werden soll, sind bestimmte Baustoffe, Energieeffizienzkriterien und Nachweise im GU-Vertrag zu regeln.
Energie- und Ressourcenverbrauch: Festlegung, ob der GU z. B. Energiemonitoring-Systeme mitinstallieren muss oder recyclierte Materialien einsetzen soll.
Dokumentation: Nachhaltige Bauweise verlangt oft erweiterte Dokumentation (z. B. Herkunftsnachweise für Holz, CO₂-Bilanzen).
Versicherungen und Sicherheiten
Bauwesenversicherung: Wer schließt sie ab – Auftraggeber oder GU – und in welchem Umfang sind Subunternehmer mitversichert?
Haftpflichtversicherung: Betriebshaftpflicht des GUs mit ausreichender Deckungssumme.
Vertragserfüllungs- und Gewährleistungsbürgschaft: Dienen der Absicherung des Bauherrn bei Insolvenzen oder Baumängeln.
In welcher Höhe (z. B. 5–10 % der Auftragssumme) und Laufzeit werden die Bürgschaften gestellt?
Gewährleistung, Mängelmanagement und Streitbeilegung
Gewährleistungsfristen: Nach VOB/B meist 4 Jahre (bei Bauleistungen) oder 2 Jahre (bei Wartungs- und Instandhaltungsleistungen), nach BGB 5 Jahre für Bauwerke.
Bei besonderen Projekten (z. B. Infrastrukturen) kann eine längere Gewährleistungsfrist vereinbart werden.
Mängelmanagement: Fristen und Verfahren für Mängelanzeigen, Nachbesserung, Dokumentation.
Streitbeilegung: Schiedsklauseln oder Mediation können langwierige Gerichtsverfahren vermeiden.
Transparente Prozesse zur Feststellung und Regulierung von Mängeln reduzieren Eskalationsrisiken.
Terminkoordination und Pufferzeiten
Terminplan und Meilensteine: Der GU legt einen detaillierten Bauzeitenplan vor. Änderungen (z. B. durch behördliche Verzögerungen) sind schriftlich festzuhalten.
Pönalen bei Verzug: Vertragsstrafen können vereinbart werden, wenn der GU den Fertigstellungstermin schuldhaft überschreitet.
Beschleunigungsvergütung: In manchen Projekten kann ein Anreiz (Bonus) vereinbart werden, wenn der GU vor dem Terminplan fertigstellt.
Rolle des FM-Beraters / Projektsteuerers des Auftraggebers
Unabhängige Kontrolle: Trotz GU-Vertrag sollte sich der Auftraggeber die Möglichkeit einer eigenen Bau- und Projektüberwachung (oder eines Projektsteuerers) vorbehalten, um Qualität, Termine und Kosten zu prüfen.
Kommunikation und Eskalation: Wöchentliche oder zweiwöchentliche Jour-fixe-Termine, Protokolle, klare Ansprechpartner beim GU.
Eskalationsstufen, falls Mängel oder Verzögerungen auftreten.
Projektrisiken und Insolvenzen
Bonitätsprüfung: Auftraggeber sollten Referenzen des GU prüfen, finanzielle Stabilität und laufende Projekte in Erfahrung bringen.
Krise des GUs: Regelungen, wie bei Insolvenz verfahren wird: Kann der Bauherr Subunternehmer direkt beauftragen, wer übernimmt die Koordination?
Relevanz von Vertragserfüllungsbürgschaften, um die Fertigstellung zu sichern.
Umbau- und Sanierungsprojekte: Bei Bestandsbauten sind verdeckte Mängel oder Schadstoffe häufig ein Risiko. Klare Regelungen zu Nachträgen sind besonders wichtig.