SLA-Anhang für FM-Dienstvertrag
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Service Level Agreement (SLA) im Dienstleistungsvertrag (FM-Dienstvertrag)
Service Level Agreements (SLAs) können grundsätzlich auch in Dienstleistungsverträgen – etwa in Facility-Management-Verträgen (FM-Verträgen) – vereinbart werden. Dabei handelt es sich um Qualitätsvereinbarungen oder Leistungsstandard-Definitionen, die als Anlage zum Vertrag dienen können. Obwohl das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) den Vertragstyp SLA nicht kennt und Dienstverträge keine Erfolgsschuld zum Inhalt haben, erlaubt die Vertragsfreiheit solche Vereinbarungen. Wichtig: Bei reinen Dienstverträgen (ohne werkvertragliche Elemente) ist mit SLAs rechtlich besonders vorsichtig umzugehen, da der Dienstverpflichtete keinen bestimmten Erfolg schuldet, sondern nur die Erbringung der vereinbarten Tätigkeit nach bestem Bemühen. Eine SLA-Vereinbarung muss daher so gestaltet sein, dass sie nicht faktisch ein unerlaubtes Erfolgsversprechen auferlegt oder zu unzulässigen Sanktionen führt. Mit anderen Worten: SLAs sind möglich und sinnvoll zur Leistungssteuerung auch in Dienstverträgen, erfordern aber eine besonders sorgfältige juristische Ausgestaltung.
Qualitätskriterien und Messbarkeit der Leistung
Messbarkeit der Leistung
In einem SLA können Qualitätskriterien für die Dienstleistung festgelegt werden, um Klarheit über die geschuldete Leistung zu schaffen und Leistungsunsicherheiten zu vermeiden. Diese Kriterien sollten möglichst präzise und objektiv messbar sein. Beispiele: In einem Reinigungs-Dienstvertrag kann entweder eine konkrete Häufigkeit der Reinigung vorgegeben werden (z.B. „Büroräume sind 3- bis 4-mal wöchentlich zu reinigen“) oder ein Ergebnisstandard definiert werden (z.B. „Räume sind dauerhaft sauber zu halten“). Oft wird ein kombinierter Ansatz gewählt: etwa die Vorgabe eines allgemeinen Qualitätsziels wie „zufriedenstellende Erfüllung der Leistung“, gekoppelt mit Messinstrumenten wie Kunden-Feedbackbögen oder Audits, um die Zufriedenheit des Auftraggebers quantitativ zu erfassen. Wichtig ist, dass für alle Beteiligten klar ist, was als vertragsgemäße Leistung gilt und wie Abweichungen festgestellt werden. Hierzu sollten im SLA Prüf- und Bewertungsmechanismen festgelegt werden, z.B. KPIs (Key Performance Indicators) oder Schwellenwerte für bestimmte Leistungsaspekte (Reaktionszeiten, Verfügbarkeiten von Anlagen, etc.), sowie das Vorgehen bei der Leistungskontrolle (wer prüft, in welchen Abständen, nach welchen Kriterien). Eine klare Beschreibung der erwarteten Qualität und der Messmethoden ist unerlässlich, da nur so Leistungsabweichungen objektiv erkannt und bewertet werden können. Durch solche Qualitätsvereinbarungen in einem SLA lassen sich Unklarheiten über den Leistungsumfang reduzieren und eine Basis für ein Sanktions- bzw. Anreizsystem schaffen.
Begrenzte Sanktionsmöglichkeiten bei Dienstverträgen
Anders als beim Werkvertrag (wo ein konkreter Erfolg geschuldet ist) kennt das Dienstvertragsrecht keine Gewährleistungsrechte im Falle nicht zufriedenstellender Leistung. Das bedeutet: Wird eine Dienstleistung mangelhaft erbracht, gibt es keinen gesetzlichen Anspruch auf Nachbesserung (Nacherfüllung) und kein Recht zur Minderung der Vergütung aufgrund schlechter Leistung. Der Vergütungsanspruch des Dienstleisters entsteht grundsätzlich allein durch die erbrachte Tätigkeit, unabhängig von deren Ergebnis. Der Auftraggeber kann also bei schlechter Qualität einer Dienstleistung nicht ohne Weiteres das Entgelt reduzieren oder Ersatzleistung verlangen – es sei denn, die Leistung ist völlig unbrauchbar, was in Extremfällen einer Nichtleistung gleichgestellt wird. Zum Ausgleich für diese fehlenden Gewährleistungsrechte stehen dem Auftraggeber andere Wege offen: Weisungsrechte während der Vertragsdurchführung (um auf die Leistungserbringung einzuwirken) und letztlich das Kündigungsrecht, ggf. außerordentlich aus wichtigem Grund, wenn die Leistungen trotz Weisungen unzureichend bleiben. Schadensersatzansprüche wegen Schlechtleistung sind im Dienstvertragsrecht nur unter engen Voraussetzungen durchsetzbar – nämlich nur bei Pflichtverletzungen mit Verschulden des Dienstleisters und oft schwierig nachzuweisen (z.B. wenn die mangelhafte Leistung faktisch einem Totalausfall gleichkommt).
Diese rechtlichen Grenzen bedeuten für die Vertragsgestaltung: Sanktionen bei Nichterfüllung von SLA-Standards sind im reinen Dienstvertrag nur in eingeschränkter Form möglich. Klassische Werkvertrags-Remedien wie Nachbesserung, Minderung oder Rücktritt können nicht einfach übertragen werden. Das SLA sollte deshalb klar regeln, welche Konsequenzen eine Nicht-Einhaltung der definierten Leistungskriterien hat, ohne jedoch gegen das zwingende Recht des Dienstvertrags zu verstoßen. Typischerweise bleibt dem Auftraggeber bei anhaltenden SLA-Verletzungen das Recht zur Vertragskündigung (insbesondere wenn ein wichtiger Grund vorliegt) stets erhalten. Insgesamt ist bei reinen Dienstverträgen zu beachten, dass man zwar hohe Qualitätsmaßstäbe vereinbaren kann, der Dienstleister aber keinen garantierten Erfolg schuldet – weshalb man vertragliche Sanktionen nur behutsam und wirksamkeitsprüfend einsetzen darf.
Bonus-Malus-Systeme in der Praxis
Trotz der genannten Einschränkungen werden in vielen Dienstleistungsverträgen – gerade im Facility Management – Bonus-Malus-Systeme erfolgreich eingesetzt. Dabei handelt es sich um vertraglich festgelegte Anreiz- und Sanktionsmechanismen: Erbringt der Auftragnehmer überdurchschnittlich gute Leistungen, erhält er einen Bonus (z.B. eine zusätzliche Vergütung oder Prämie). Im Gegenzug wird bei nicht ordnungsgemäßer Leistung ein Malus verhängt, z.B. in Form eines Vergütungsabzugs oder einer Vertragsstrafe. Ein solches System hat für beide Seiten Vorteile: Der Auftraggeber schafft Anreize für hohe Qualität und hat ein verschuldensunabhängiges Sanktionsmittel an der Hand, um Schlechtleistungen finanziell zu ahnden. Denn ohne eine Malusregelung könnte der Auftraggeber bei schlechter Dienstleistung oft nur bei Verschulden Schadensersatz fordern, was schwer nachzuweisen sein kann. Mit einer wirksam vereinbarten Malus-Klausel hingegen kann z.B. bei Unterschreiten definierter SLA-Standards automatisch eine Vergütungsminderung oder Vertragsstrafe eintreten – unabhängig von einem nachgewiesenen Schaden oder Verschulden. Der Auftragnehmer wiederum erhält durch den Bonus eine motivationale Aussicht, die vereinbarte Leistung sogar zu übertreffen, da sich besondere Leistungsbereitschaft für ihn monetär auszahlt. Insgesamt fördert ein Bonus-Malus-System die Einhaltung der SLA, weil es Belohnung für Extra-Leistung und Druck bei schlechter Leistung miteinander kombiniert.
Praxisbeispiel: In einem Wartungsvertrag für technische Anlagen könnte vereinbart werden, dass eine Verfügbarkeit von z.B. 99% im Jahresmittel angestrebt wird. Wird dieses Ziel übertroffen (etwa durch besonders kurze Ausfallzeiten), erhält der Dienstleister einen Bonus. Bei Unterschreiten (z.B. Verfügbarkeit fällt unter 95%) greift ein Malus in Form einer prozentualen Vergütungskürzung. Ähnlich können Reaktionszeiten bei Störungen mit Bonus oder Malus belegt werden, um den Dienstleister anzuspornen, auch im Störfall möglichst schnell zu reagieren. Wichtig ist, dass solche Parameter klar definiert und beeinflussbar sind – z.B. „Anlage läuft im Jahresmittel zu 99%“ als Ergebnisorientierung, unabhängig von den Gründen eines Ausfalls. So behält der Dienstleister die Verantwortung, durch gute Wartung und Instandhaltung Ausfälle zu minimieren, um den Malus zu vermeiden und ggf. den Bonus zu erhalten.
Juristische Formulierung und Wirksamkeit von SLA-Klauseln
Die Einführung eines SLA nebst Bonus-Malus-Regelung in einen Dienstleistungsvertrag erfordert sorgfältige juristische Formulierungen, um wirksam und durchsetzbar zu sein. Insbesondere gilt es, Kollisionen mit zwingenden gesetzlichen Regelungen zu vermeiden. So muss im Vertrag eindeutig geregelt werden, welche der gesetzlichen Rechte im Leistungsstörungsfall durch das Bonus-Malus-System modifiziert oder ergänzt werden und welche weiterhin gelten. Beispielsweise sollte ausdrücklich festgehalten werden, dass das Kündigungsrecht des Auftraggebers unberührt bleibt und dass ein etwaiger weitergehender Schadensersatzanspruch (soweit ein Schaden über den Malus hinaus entsteht) dem Auftraggeber erhalten bleibt. Damit wird verhindert, dass die Vereinbarung eines Malus ungewollt als ausschließliches Rechtsmittel missverstanden wird.
Ein weiterer zentraler Punkt ist die Transparenz und Fairness der SLA-Klauseln, besonders wenn es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) handelt. Nach § 307 BGB unterliegen einseitig gestellte Vertragsbedingungen einer Inhaltskontrolle: Die SLA-Regeln (Bonus-Malus-Klauseln) dürfen den Auftragnehmer nicht unangemessen benachteiligen. Beispielsweise wäre eine Malus-Regel unwirksam, wenn sie intransparent ist (Verstoß gegen das Transparenzgebot) oder wenn sie dem Auftragnehmer wesentliche Rechte nimmt, die ihm gesetzlich zustehen. So hat die Rechtsprechung Bedenken geäußert, wenn ein Malus im Ergebnis das Werkvertragsrechtliche Nacherfüllungsrecht des Auftragnehmers aushöhlt – etwa in Fällen, wo im FM-Vertrag Teile als Werkleistungen einzustufen sind und der Dienstleister bei Mängeln eigentlich zuerst zur Nachbesserung berechtigt wäre. Ebenso kritisch ist eine Malus-Vereinbarung zu sehen, die den Charakter einer Vertragsstrafe hat und verschuldensunabhängig verwirkt wird oder in der Höhe unverhältnismäßig hoch ausfällt. Solche Klauseln könnten nach AGB-Recht als unangemessene Benachteiligung unwirksam sein. Unklar ist bislang, ob das Hinzufügen eines Bonus eine strenge Malus-Klausel im AGB-Recht retten könnte; die Rechtslage hierzu ist nicht abschließend geklärt.
Empfehlung: Um diese Risiken zu minimieren, sollten SLA- und Bonus-Malus-Vereinbarungen möglichst individuell ausgehandelt werden. Individuell ausgehandelte Klauseln unterliegen einer weniger strengen Kontrolle; die Zulässigkeit ist hier grundsätzlich gegeben, solange nicht gegen Grundsatznormen wie § 138 BGB (Sittenwidrigkeit) oder § 242 BGB (Treu und Glauben) verstoßen wird. In der Praxis bedeutet das, dass Auftraggeber und Auftragnehmer die Bonus-Malus-Regeln transparent besprechen und vereinbaren sollten, statt sie einseitig vorzugeben. Idealerweise wird der Vertragstext von entsprechend fachkundigen Juristen formuliert oder geprüft, um sicherzustellen, dass alle Klauseln klar, verständlich und rechtskonform sind.
Es lässt sich festhalten, dass ein SLA als Vertragsanlage auch in Dienstleistungs- bzw. FM-Verträgen ein wichtiges Instrument der Qualitätssicherung darstellt. Durch sorgfältige Definition von Leistungsstandards und angemessene Bonus-Malus-Mechanismen können beide Vertragsparteien profitieren: der Auftraggeber erhält vergleichsweise höhere Leistungssicherheit und Steuerungsmöglichkeiten, während der Auftragnehmer sich durch Bonusanreize finanziell belohnen kann. Entscheidend ist jedoch, diese Vereinbarungen auf höchstem juristischen Niveau und unter Beachtung der speziellen Rechtslage des Dienstvertrags zu formulieren, damit sie wirksam und durchsetzbar sind und nicht zu späteren rechtlichen Auseinandersetzungen führen. SLA-Klauseln im Dienstvertrag sind somit durchaus möglich, müssen aber rechtlich vorsichtig gehandhabt werden – mit klaren Qualitätskriterien, begrenzten und fairen Sanktionen sowie glasklarer juristischer Sprache.
