Anhang Arbeitsschutz zum FM-Dienstleistungsvertrag
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Anhang: Arbeitsschutz und Organisation im Dienstleistungsvertrag (FM-Dienstvertrag)
In einem Dienstleistungsvertrag – insbesondere im Bereich Facility Management (FM) – ist es essenziell, ausführliche Regelungen zum Arbeitsschutz und zur Vermeidung einer verdeckten Arbeitnehmerüberlassung zu treffen. Da FM-Dienstleistungen meist personalintensiv sind und Mitarbeiter regelmäßig beim Auftraggeber vor Ort tätig werden, müssen vertragliche Anhänge sicherstellen, dass alle arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften eingehalten werden. Gleichzeitig ist zu verhindern, dass das Vertragsverhältnis als unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung gewertet werden könnte.
Durch detaillierte Anhänge zum Arbeitsschutz und zur Einsatzorganisation wird im FM-Dienstvertrag sichergestellt, dass Arbeitszeitdokumentation, Pausen und Unterweisungen rechtskonform gehandhabt werden und dass die Beschäftigten des Dienstleisters zwar im Betrieb des Auftraggebers tätig, aber nicht in dessen Betriebsabläufe als Arbeitnehmer eingegliedert sind. Dies schützt die Gesundheit der Mitarbeiter, gewährleistet einen professionellen Auftritt gegenüber dem Kunden und bewahrt beide Vertragsparteien vor den Risiken einer verdeckten Arbeitnehmerüberlassung. So entsteht ein rechtssicheres Vertragsverhältnis, das den hohen arbeits- und arbeitsschutzrechtlichen Anforderungen auf fundierter Grundlage gerecht wird.
Arbeitszeitnachweise und Arbeitszeiterfassung
Arbeitszeiterfassung
Der Dienstleister (Auftragnehmer) sollte vertraglich verpflichtet werden, Arbeitszeitnachweise für sein Personal zu führen. Dies dient sowohl der Kontrolle der erbrachten Stunden als auch der Einhaltung gesetzlicher Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG). Gemäß § 3 ArbZG beträgt die tägliche Höchstarbeitszeit in der Regel 8 Stunden; eine Ausdehnung auf 10 Stunden ist nur mit anschließendem Ausgleich möglich. Entscheidend ist, dass Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit dokumentiert werden. Nach einem Grundsatzbeschluss des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom September 2022 besteht bereits jetzt für Arbeitgeber die gesetzliche Pflicht, ein objektives, verlässliches und zugängliches System zur Arbeitszeiterfassung einzuführen. Diese Pflicht leitet das BAG aus einer europarechtskonformen Auslegung von § 3 Abs. 2 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) ab, da die Überwachung von Höchstarbeitszeiten dem Arbeitsschutz dient. Praktisch bedeutet dies: Der Dienstleister muss Beginn, Ende und Dauer der Arbeitszeit jedes Mitarbeiters erfassen und die Nachweise aufbewahren. So kann er gegenüber dem Auftraggeber und Aufsichtsbehörden belegen, dass z.B. Überstundenbegrenzungen und Ruhezeiten eingehalten wurden. Vertraglich kann vereinbart werden, dass der Auftragnehmer diese Arbeitszeitnachweise dem Auftraggeber regelmäßig vorlegt oder auf Anforderung zugänglich macht. Dies schafft Transparenz und erhöht die Sicherheit, dass keine Verstöße gegen das Arbeitszeitrecht auftreten.
Pausenregelungen und Ruhezeiten
Eng verbunden mit der Arbeitszeiterfassung ist die Einhaltung gesetzlicher Pausen- und Ruhezeitregelungen. Dienstverträge sollten klarstellen, dass der Auftragnehmer für die Gewährung der vorgeschriebenen Pausen sorgt. Nach § 4 ArbZG muss spätestens nach 6 Stunden Arbeit eine Ruhepause von mindestens 30 Minuten eingelegt werden; bei Arbeitszeiten über 9 Stunden verlängert sich die Mindestpausenzeit auf 45 Minuten. Pausen können in Blöcke von jeweils mindestens 15 Minuten aufgeteilt werden, doch länger als 6 Stunden dürfen Arbeitnehmer nicht ohne Pause beschäftigt werden. Diese Vorgaben dienen dem Gesundheitsschutz der Mitarbeiter und müssen vom Dienstleister strikt beachtet werden. Im Vertrag kann festgehalten werden, dass der Auftragnehmer ein Pausenzeit-Management etabliert – etwa durch Einsatzpläne, die Pausen ausweisen – und die Einhaltung der Pausenzeiten dokumentiert. Zusätzlich sind die täglichen Ruhezeiten gemäß § 5 ArbZG sicherzustellen: Nach Beendigung der Arbeit ist eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 11 Stunden einzuhalten. Dies bedeutet beispielsweise, dass Schichtpläne entsprechend gestaltet sein müssen, damit kein Mitarbeiter gegen die Ruhezeitregel verstößt. Der Auftragnehmer sollte zusichern, dass er sowohl Pausen als auch Ruhezeiten überwacht und etwaige Verstöße umgehend korrigiert. Diese vertraglichen Vorkehrungen schützen nicht nur die Mitarbeiter, sondern bewahren auch den Auftraggeber vor möglichen Haftungsrisiken oder Bußgeldern wegen Verstößen gegen Arbeitsschutzvorschriften. (Anmerkung: Nach dem Bußgeldkatalog des Länderausschusses für Arbeitsschutz können z.B. fehlende Pausen mit empfindlichen Geldbußen geahndet werden.)
Mitarbeiterschulung und Unterweisung (Kundenumgang & Sicherheit)
Ein weiterer Schwerpunkt des Anhangs sollte auf der Unterweisung der eingesetzten Mitarbeiter liegen. Der Dienstleister muss gewährleisten, dass sein Personal angemessen geschult ist – sowohl im Hinblick auf allgemeine Arbeitsschutzvorschriften als auch speziell für den Einsatz beim jeweiligen Kunden. Dazu gehört zum einen die fachliche Sicherheitsschulung: Jeder Mitarbeiter ist über die mit seinen Tätigkeiten verbundenen Gefahren und die notwendigen Schutzmaßnahmen zu unterrichten (vgl. ArbSchG § 12). Zum anderen sind kundenspezifische Unterweisungen wichtig. § 8 Abs. 2 ArbSchG verpflichtet den Auftraggeber, sich zu vergewissern, dass alle Beschäftigten eines Fremdunternehmens in seinem Betrieb hinsichtlich der dort bestehenden Gefahren angemessene Anweisungen erhalten haben. Praktisch setzt dies Kooperation voraus: Der Auftraggeber muss den Dienstleister über Betriebsregeln, Sicherheitsvorschriften und Risiken am Einsatzort informieren, während der Auftragnehmer sicherstellt, dass seine Mitarbeiter diese Informationen verstehen und befolgen. Im Vertrag oder Anhang können sogenannte Fremdfirmenrichtlinien oder Sicherheitsunterweisungen festgehalten werden: Beispielsweise verpflichtet sich der Dienstleister, nur geeignetes und unterwiesenes Personal einzusetzen, und der Auftraggeber räumt dem Dienstleister die Möglichkeit ein, vor Arbeitsaufnahme eine Sicherheitsunterweisung auf dem Betriebsgelände durchzuführen.
Zusätzlich zur Arbeitssicherheit ist auch der Kundenumgang ein Aspekt der Unterweisung. In personalintensiven Dienstleistungsbereichen (Reinigung, Empfang, Hausmeisterdienste etc.) kommen die Mitarbeiter des Auftragnehmers täglich mit Mitarbeitern oder Kunden des Auftraggebers in Kontakt. Eine vertragliche Regelung kann verlangen, dass das Personal im angemessenen Umgang mit Kunden und Dritten geschult wird. Dies umfasst Höflichkeitsregeln, Kommunikationsrichtlinien und etwa den Dresscode oder Identifikationspflichten beim Betreten des Betriebsgeländes. Zwar betrifft dies primär die Servicequalität, doch indirekt spielt es auch für die Arbeitssicherheit eine Rolle – ein Mitarbeiter, der die Hausordnung und Verhaltensregeln kennt, wird sich sicherer im fremden Betrieb bewegen. Oft werden in Anlagen zum Dienstvertrag Verhaltenskodizes des Auftraggebers beigefügt, an die sich das Fremdpersonal halten muss. Der Dienstleister bestätigt im Vertrag, dass er seine Beschäftigten entsprechend unterwiesen hat und dies dokumentieren kann (z.B. durch Unterweisungsnachweise und Unterschriftenlisten). Durch solche Maßnahmen wird das Risiko von Zwischenfällen minimiert und ein reibungsloser Betriebsablauf sichergestellt.
Weisungsrecht und Vermeidung von Schein-Arbeitnehmerüberlassung
Ein kritischer Punkt bei Dienstleistungsverträgen ist die Abgrenzung zum Arbeitnehmerüberlassungsvertrag. Um eine unerlaubte oder verdeckte Arbeitnehmerüberlassung zu vermeiden, muss der Vertrag eindeutig regeln, dass das eingesetzte Personal weisungsgebunden beim Auftragnehmer bleibt. Das bedeutet: Nur der Dienstleister als Arbeitgeber darf seinen Mitarbeitern gegenüber direkt weisungsbefugt sein, nicht der Auftraggeber. In der Praxis wird häufig folgender Grundsatz vereinbart: “Dem Auftraggeber steht hinsichtlich der Erfüllungsgehilfen des Auftragnehmers kein Weisungsrecht zu. Der Auftragnehmer sorgt jedoch dafür, dass seine Mitarbeiter die Betriebsordnung des Auftraggebers einhalten.”. Damit wird klargestellt, dass zwar die Hausregeln des Kunden zu beachten sind, die eigentliche Einsatzleitung aber beim Auftragnehmer verbleibt.
Diese Regelung ist von größter Bedeutung, denn verdeckte Arbeitnehmerüberlassung liegt nach der Rechtsprechung und Literatur dann vor, wenn eine formal als Dienst- oder Werkvertrag bezeichnete Vereinbarung in Wahrheit die Merkmale einer Arbeitnehmerüberlassung aufweist. Insbesondere darf der Auftraggeber nicht wie ein Arbeitgeber gegenüber dem fremden Personal auftreten. Werden etwa die Aufgaben der Dienstleister-Mitarbeiter täglich nach Bedarf des Auftraggebers neu bestimmt, oder werden sie in die Organisationsabläufe des Auftraggebers eingegliedert, ist Vorsicht geboten. Ein typisches Beispiel: Ein Auftragnehmer stellt einen Schreiner auf Basis eines Dienstvertrags. Gibt der Kunde jedoch detaillierte Weisungen zur Arbeitszeit und Pausenregelung vor und stellt dem Schreiner Arbeitsmittel zur Verfügung, dann handelt es sich tatsächlich um eine verdeckte Arbeitnehmerüberlassung. Mit anderen Worten: Sobald der Auftraggeber Beginn, Ende und Einteilung der Arbeitsschichten der Fremdarbeiter bestimmt oder sie wie eigenes Personal in den Dienstplan integriert, wird die Grenze zum Arbeitnehmerverleih überschritten.
Der Dienstleistungsvertrag (und seine Anhänge) sollten dem entgegenwirken, indem sie die Leistungspflichten konkret beschreiben (z.B. mittels Leistungsbeschreibung oder Pflichtenheft) und festhalten, dass der Auftragnehmer die Einsatzplanung eigenverantwortlich vornimmt. Der Auftraggeber darf zwar das Was der Leistung vorgeben (z.B. welche Ergebnisse oder welchen Service er erwartet), nicht aber das Wie im Detail – insbesondere nicht in Bezug auf einzelne Mitarbeiter. Die Mitarbeiter des Dienstleisters tragen üblicherweise die Arbeitskleidung des Dienstleisters, melden sich bei einem Ansprechpartner des Auftragnehmers und nicht direkt beim Kunden zur Arbeit an, und erhalten Arbeitsanweisungen von ihren Vorgesetzten beim Dienstleister. All dies sollte organisatorisch so gestaltet sein, dass der Schein einer Personalüberlassung gar nicht erst entsteht.
Rechtliche Folgen: Die Vermeidung von (Schein-)Arbeitnehmerüberlassung ist nicht nur Formsache – sie hat erhebliche rechtliche Konsequenzen. Wird ein Vertragsverhältnis trotz anderslautender Vereinbarung faktisch wie Zeitarbeit gelebt, drohen Bußgelder und andere Sanktionen für beide Parteien. Nach § 10 Abs. 1 AÜG kann im Falle illegaler Überlassung sogar fingiert werden, dass ein Arbeitsverhältnis zum Entleiher (Auftraggeber) zustande kommt. Um dies zu verhindern, sollte der Dienstleistungsvertrag ausdrücklich keine Arbeitnehmerüberlassung bezwecken und idealerweise einen Passus enthalten wie: „Dieser Vertrag ist ein Dienstvertrag; er begründet kein Leiharbeitsverhältnis nach AÜG.“ Zudem ist zu empfehlen, dass der Dienstleister versichert, über keine AÜG-Erlaubnis zu verfügen und sein Personal nicht zur Arbeitsleistung bei Dritten überlässt, sondern im eigenen Verantwortungsbereich einsetzt. Beide Seiten sollten darauf achten, die vertraglichen Vereinbarungen im Geschäftsalltag einzuhalten. Insbesondere der Auftraggeber muss seine Ansprechpartner instruieren, keine Einzelweisungen direkt an das Fremdpersonal zu geben, sondern gewünschte Änderungen oder Aufgaben stets an den Projekt- oder Teamleiter des Auftragnehmers zu kommunizieren. So bleibt die Weisungskette gewahrt und das Personal weisungsgebunden beim Auftragnehmer, wie vertraglich vorgesehen.