Leistungsbeschreibung für CAFM-/IT-Dienstleistungsvertrag
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Leistungsbeschreibung (Lasten-/Pflichtenheft) – CAFM-/IT-Dienstleistungsvertrag
Die Leistungsbeschreibung als Vertragsanhang eines CAFM-/IT-Dienstleistungsvertrags ist das Schlüssel-Dokument, das alle Erwartungen an die Software und begleitende Leistungen zusammenführt. Sie enthält eine vollständige und detaillierte Beschreibung aller funktionalen Anforderungen, von den benötigten Modulen über Nutzerzahlen und Anpassungen bis hin zu Schnittstellen und technischen Details. Durch diese schriftliche Fixierung wird für beide Seiten – Auftraggeber und Auftragnehmer – verbindlich geklärt, welche Leistung geschuldet ist. Im Ergebnis dient die Leistungsbeschreibung als gemeinsame Referenz während der Umsetzung: Sie bildet die Grundlage für die Umsetzung durch den Lieferanten und für die Abnahme durch den Kunden. Eine sorgfältig erstellte Leistungsbeschreibung beugt Missverständnissen vor und erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass das CAFM-System in der gelieferten Form den Anforderungen des Auftraggebers entspricht. Sie sollte daher mit höchster Sorgfalt und Genauigkeit erstellt werden, in einem Umfang, der keine Fragen offen lässt – notfalls bis auf Feldebene, um Vollständigkeit und Klarheit sicherzustellen.
Klare Leistungsbeschreibung im CAFM-/IT-Vertrag
Ziele und Umfang des CAFM-Systems
Zu Beginn beschreibt die Leistungsbeschreibung den Zielsetzung und den Umfang des CAFM-Systems. Hier wird der Soll-Zustand aus Kundensicht skizziert: Welche Geschäftsprozesse sollen durch das System unterstützt werden und welche übergeordneten Ziele (z. B. Effizienzsteigerung im Flächenmanagement, Einhaltung rechtlicher Prüfvorschriften in der Instandhaltung) verfolgt werden. Ebenso kann der Geltungsbereich umrissen werden – etwa welche Liegenschaften, Gebäude oder Organisationseinheiten vom System abgedeckt werden. Diese Einordnung schafft ein gemeinsames Verständnis des Projektumfangs und grenzt den Rahmen klar ab (was im Scope ist und was nicht). Bereits an dieser Stelle kann auf bestehende Systeme oder Daten eingegangen werden, um den Kontext zu erläutern (z. B. aktueller IST-Zustand und Motivation für die Einführung des neuen CAFM-Systems).
Module und funktionale Anforderungen
Ein zentrales Element der Leistungsbeschreibung ist die vollständige Auflistung der vom CAFM-System geforderten Module und deren funktionalen Anforderungen. Das CAFM-System ist in der Regel modular aufgebaut; jedes Modul repräsentiert einen bestimmten Funktionsbereich im Facility Management. In der Leistungsbeschreibung werden alle benötigten Module explizit benannt und deren Funktionen bis ins Detail beschrieben. Dies umfasst fachliche Anforderungen an jede Modul-Funktion sowie gegebenenfalls die Angabe von Eingabemasken, Berichten und Geschäftslogik.
Typische Module eines CAFM-Systems (gemäß Branchenstandards wie GEFMA 444) sind unter anderem:
Flächenmanagement: Verwaltung von Gebäuden, Räumen und Flächen. Erfassung aller Raumdaten (Größen, Nutzungsarten, Kostenstellenzuordnung etc.) und Unterstützung bei Auswertungen zur Flächennutzung. Funktionen zur Verwaltung von Raumbelegungsplänen und grafische Darstellung z. B. mittels CAD-Plänen sind hier oft enthalten. Beispiel: Das System soll anzeigen können, welche Räume leerstehen und wie Flächen einem Bereich oder einer Kostenstelle zugeordnet sind.
Instandhaltungsmanagement: Planung und Nachverfolgung von Wartungen und Reparaturen. Erstellen von Wartungsplänen, Verfolgung von Störmeldungen und Aufträgen, Dokumentation von Prüfterminen (etwa gemäß gesetzlichen Vorgaben) gehören zu diesem Modul. Beispiel: Für jede technische Anlage sollen Wartungsintervalle hinterlegt werden und das System erinnert automatisch an fällige Inspektionen.
Vertragsmanagement: Verwaltung aller vertragsrelevanten Daten im FM-Kontext (z. B. Mietverträge, Wartungsverträge, Dienstleistungsverträge). Funktionen zur Pflege von Vertragslaufzeiten, Kündigungsfristen, Kosten und Leistungsinhalten. Beispiel: Das System soll eine Übersicht aller Wartungsverträge mit ihren Laufzeiten bieten und frühzeitig auf Kündigungsstichtage hinweisen.
Inventar- und Anlagenmanagement: (Oft auch Inventarmanagement genannt) Erfassung und Verwaltung aller technischen Anlagen und Inventargegenstände. Hier werden Stammdaten zu Geräten/Anlagen, deren Standort, Zustand, Leistung usw. gepflegt. Beispiel: Jedes wichtige Betriebsmittel (z. B. Klimaanlage, Aufzug) soll mit technischen Daten und Dokumenten hinterlegt sein, um Historie und Verantwortlichkeiten nachvollziehen zu können.
Raum- und Reservierungsmanagement: Buchung und Verwaltung von Räumen oder Arbeitsplätzen. Dies umfasst die Möglichkeit, Besprechungsräume, Arbeitsplätze oder Parkplätze zu reservieren und die aktuelle Belegung in Echtzeit einzusehen. Beispiel: Mitarbeiter sollen über ein Web-Portal Konferenzräume für bestimmte Zeitfenster buchen können; das System prüft Verfügbarkeiten und vermeidet Doppelbelegungen.
Reinigungs- und Servicemanagement: Planung und Kontrolle von Reinigungsleistungen sowie allgemeiner FM-Services. Dieses Modul definiert, in welchen Intervallen welche Flächen gereinigt werden müssen, und dokumentiert Leistungsnachweise. Ähnlich umfasst Helpdesk/Service-Desk-Funktionalität die Erfassung von Störungsmeldungen und Dienstleistungsaufträgen. Beispiel: Nutzer können Meldungen wie “Beleuchtung defekt” an ein zentrales Helpdesk melden; das System erfasst den Vorgang und leitet ihn an die zuständige Stelle weiter.
Schlüssel- und Zugangsmanagement: (optional) Verwaltung von Schließanlagen und Zutrittsrechten. Das System dokumentiert, welche Person welche Schlüssel oder Zutrittskarten besitzt, und unterstützt bei der Organisation komplexer Schließhierarchien.
Weitere Module nach Bedarf: Je nach Anforderung können zusätzliche Module integriert werden, etwa Energiecontrolling (Erfassung und Auswertung von Energieverbräuchen), Arbeitsschutzmanagement (zur Verwaltung von Prüfungen, Schulungen und Schutzausrüstung), Umzugsmanagement (Planung von internen Umzügen) oder Budgetmanagement (Nachverfolgung von FM-Kosten und Budgets). Branchenverbände wie GEFMA definieren in Summe bis zu 18 Funktionsbereiche eines CAFM-Systems. In der Leistungsbeschreibung sollten alle vom Auftraggeber gewünschten Module genannt werden – inklusive einer detaillierten Beschreibung der jeweils benötigten Funktionalitäten. Dadurch wird sichergestellt, dass Anbieter und Auftragnehmer ein gemeinsames Verständnis darüber haben, welche Leistungen das System erbringen muss.
Benutzerlizenzen und Nutzeranzahl
Ebenfalls festzuhalten ist die Anzahl der Benutzerlizenzen sowie die Art der Nutzer, die mit dem System arbeiten werden. Hier wird spezifiziert, wie viele Endanwender, Power-User oder Administratoren vorgesehen sind und welches Lizenzmodell gilt (z. B. Named User vs. Concurrent User). Diese Angabe ist wichtig, um den Umfang der Lizenzierung und etwaige Kosten korrekt abzustecken. In vielen Fällen werden unterschiedliche Nutzerrollen definiert – etwa normale Fachanwender, Key-User mit erweiterten Rechten, und Systemadministratoren – und pro Rolle die ungefähre Anzahl angegeben. Zum Beispiel könnte eine Leistungsbeschreibung festhalten, dass ca. 70 Endanwender, 10 Power-User und 5 Administratoren mit dem System arbeiten werden. Solche Angaben dienen dem Anbieter dazu, die Systemauslegung (etwa hinsichtlich gleichzeitiger Nutzer und Performance) und Lizenzkosten in seinem Angebot korrekt zu berücksichtigen. Zudem kann festgelegt sein, ob Schulung für diese Benutzergruppen Teil der Leistung ist (ggf. in einem separaten Anhang beschrieben). Wichtig ist, dass die Leistungsbeschreibung transparent macht, wie viele Nutzer das System nutzen sollen und mit welchen Berechtigungsstufen, damit das System entsprechend konzipiert und lizenziert wird.
Customizing und spezifische Anpassungen
Customizing-Anforderungen beschreiben alle erforderlichen Anpassungen der Software an die individuellen Bedürfnisse des Auftraggebers. Standard-CAFM-Software bietet zwar viele Funktionen „out of the box“, doch nahezu jedes Einführungsprojekt erfordert bestimmte Konfigurationen oder Erweiterungen. In der Leistungsbeschreibung wird präzise festgelegt, welche Anpassungen vorgenommen werden müssen.
Dies umfasst zum Beispiel:
Individuelle Datenfelder oder Masken: Falls der Auftraggeber zusätzliche Daten erfassen möchte, die im Standard nicht vorgesehen sind, sollten diese Felder im Pflichtenheft aufgeführt werden (mit Feldname, Datentyp, Zweck etc.). Beispielsweise könnte im Modul Instandhaltung ein extra Feld „Hersteller Garantie bis“ verlangt werden, falls das relevant ist.
Workflows und Geschäftsregeln: Beschreibung von spezifischen Abläufen, die abgebildet werden sollen. Etwa: „Wenn ein Störmeldungsticket X Tage offen ist, automatische Eskalation an Rolle Y“. Solche Regeln sind oft unternehmensspezifisch und müssen daher ausdrücklich vereinbart werden.
Berichte und Auswertungen: Falls bestimmte Berichte (Reports) oder Dashboards benötigt werden, die nicht Teil des Standards sind, gehören sie in die Leistungsbeschreibung. Beispiel: Ein Flächenreport nach DIN 277 oder ein Budgetreport für Wartungskosten pro Gebäude.
Oberflächen- oder Workflow-Anpassungen: Wünsche zur Anpassung der Benutzeroberfläche (z. B. Firmenlogo, Farbgebung) oder der Navigationsstrukturen können hier ebenfalls genannt werden.
Integration kundenspezifischer Kataloge/Standards: Etwa die Verwendung bestimmter Klassifikationen (DIN-Normen, interne Schlüssel, Fremdsprachen) im System.
All diese Customizing-Punkte müssen einzeln aufgeführt und so konkret wie möglich beschrieben werden. Auf diese Weise ist klar, welche Leistungen der Auftragnehmer zusätzlich zur Standardsoftware erbringen muss (z. B. Scripting, Zusatzmodule entwickeln, Einstellungen konfigurieren). Unklare oder implizite Anforderungen an Anpassungen sollten vermieden werden – alles was geliefert werden soll, gehört explizit ins Dokument. Dadurch entsteht Planungssicherheit für beide Seiten: Der Auftraggeber sieht, dass seine speziellen Bedürfnisse berücksichtigt werden, und der Auftragnehmer kann den Aufwand dafür korrekt kalkulieren. Sollte umfangreiche Individual-Programmierung (über reines Customizing hinaus) notwendig sein, wird auch das hier beschrieben – ggf. mit Verweis auf ein Pflichtenheft, in dem der Auftragnehmer die genaue technische Umsetzung vorschlägt.
Schnittstellen zu anderen Systemen
In modernen IT-Landschaften steht ein CAFM-System selten isoliert da. Daher definiert die Leistungsbeschreibung sämtliche Schnittstellen zu bestehenden Systemen, die eingerichtet oder entwickelt werden müssen. Eine Schnittstellenbeschreibung nennt jeweils das externe System, den Umfang des Datenaustauschs und technische Anforderungen daran.
Typische Integrationen in einem Facility-Management-Kontext sind unter anderem:
Schnittstelle zu CAD/BIM-Systemen: Import und Aktualisierung von Raum- und Gebäudestrukturen aus digitalen Bauplänen oder BIM-Modellen. Beispielsweise soll das CAFM-System CAD-Grundrisse einlesen können, um Räume grafisch darzustellen, oder BIM-Daten für technische Anlagen übernehmen.
Schnittstelle zu ERP-/Finanzsystemen: Austausch von Kosten- und Buchhaltungsdaten (etwa Kostenstellen, Mietabrechnungen, Bestellanforderungen) mit einem ERP-System (z. B. SAP). Oft sollen Vertragsdaten oder FM-Kosten ins ERP übertragen werden, oder umgekehrt Buchungsdaten ins CAFM, um eine integrierte Sicht auf die Facility-Daten zu erhalten.
HR-Systeme bzw. Nutzerverwaltung: Falls Personen- oder Organisationsdaten (Mitarbeiter, Abteilungen) aus einem HR-System ins CAFM übernommen werden (etwa für Umzüge oder Schlüsselausgabe), wird dies als Schnittstelle definiert. Ebenso relevant ist die Anbindung an ein Directory (z. B. Active Directory) zur Benutzer- und Rechteverwaltung, damit Single Sign-On oder automatische Nutzeranlage möglich sind.
Gebäudeautomation/IoT-Systeme: In manchen Fällen soll das CAFM-System Messwerte oder Störungsmeldungen aus der Gebäudeleittechnik erhalten (z. B. Aufzüge, Klimasensoren) – hierfür werden Protokolle (wie OPC, BACnet, MQTT o. ä.) und Datenpunkte festgelegt. Moderne CAFM-Lösungen bieten z. T. IoT-Integrationen an, um Sensordaten in Echtzeit zu verarbeiten (z. B. für Raumbelegungsdaten oder Energieverbrauch).
Geografische Informationssysteme (GIS): Sofern Freiflächen oder georeferenzierte Objekte verwaltet werden, kann eine GIS-Anbindung verlangt sein. Dies erlaubt z. B. die Visualisierung von Liegenschaften oder Leitungsnetzen auf einer Karte.
Weitere Systemanbindungen: Je nach Organisation können weitere Schnittstellen relevant sein, z. B. zu Ticketing-Systemen, Dokumentenmanagement-Systemen (für Pläne, Wartungsdokumente), Einkaufssystemen (für Ersatzteilbeschaffung) usw.
Jede Schnittstelle wird in der Leistungsbeschreibung einzeln spezifiziert: Welche Daten werden übertragen (z. B. Räume und Flächen aus CAD nach CAFM, Kosten aus CAFM an SAP CO-Modul), in welcher Frequenz oder in Echtzeit, wer initiiert den Datenaustausch, und welche technischen Formate/Standards genutzt werden. Damit ist klar, welche Integration im Projekt umgesetzt werden muss. Insbesondere bei CAFM ist die Integration mit CAD, BIM, GIS und ERP-Systemen sehr verbreitet – die Beschreibung dieser Schnittstellen sorgt dafür, dass der Anbieter kompatible Lösungen (z. B. Importmodule, APIs) bereitstellt. Ohne diese Klarheit bestünde das Risiko, dass notwendige Datenaustausch-Funktionen fehlen oder nur gegen Mehrkosten geliefert würden. Daher gilt: alle benötigten Verbindungen zu Dritt-Systemen gehören eindeutig in die Leistungsbeschreibung, inklusive möglicher Voraussetzungen (z. B. VPN-Zugänge, Datenformate, zu übermittelnde Felder).
Technischer Detailgrad und Dokumentationstiefe
Die Leistungsbeschreibung sollte hinreichend detailliert sein, damit keine Interpretationsspielräume bleiben. Je nach Komplexität der Anforderungen kann es nötig sein, technische Details bis auf Feldebene zu dokumentieren. Das bedeutet: für wichtige Datenobjekte und Prozesse werden alle relevanten Felder, Attribute und Wertebereiche festgelegt. Beispielsweise könnte im Modul Vertragsmanagement eine Tabelle aller zu erfassenden Vertragsfelder enthalten sein (Vertragsnummer, Vertragsart, Beginndatum, Enddatum, Kündigungsfrist, Kostenstelle, etc.), einschließlich einer Beschreibung jedes Feldes. Ebenso könnten für ein Flächenmanagement-Modul sämtliche Flächenarten und -kategorien definiert werden, oder für Instandhaltung alle Prioritätsstufen von Aufträgen.
Ein hoher Detailgrad – etwa vergleichbar mit einer Systemspezifikation – ist insbesondere dann erforderlich, wenn das Projekt eine Neuentwicklung oder umfangreiche Anpassung beinhaltet. In solchen Fällen geht die Leistungsbeschreibung fast in Richtung eines Pflichtenhefts, in dem der Auftragnehmer beschreibt, wie er die Anforderungen umsetzen wird. Häufig werden in einem Pflichtenheft auch Abnahmekriterien definiert, anhand derer geprüft werden kann, ob die Anforderungen erfüllt sind. Für ein CAFM-Projekt könnte das z. B. bedeuten: „Ein Raum kann mit mindestens den Attributen X, Y, Z erfasst werden; im Prüfprotokoll ist zu verifizieren, dass alle Felder verfügbar und gemäß Vorgaben befüllbar sind.“ Solche Kriterien stellen sicher, dass beide Parteien ein objektives Maß für die erfolgreiche Umsetzung haben.
Allerdings sollte der Detailgrad angemessen sein: Nicht jedes Projekt erfordert Spezifikationen bis auf jedes einzelne Datenfeld. Eine gute Praxis ist, die Anforderungen so detailliert zu beschreiben, dass kein wesentliches Verständnisproblem offen bleibt. Die Leistungsbeschreibung kann dazu strukturiert in Kapitel und ggf. Anhänge gegliedert werden (z. B. ein Anhang mit Datenfeldlisten oder Prozessdiagrammen, falls nötig). Wichtig ist, dass bei Unklarheiten lieber mehr Detail als zu wenig gegeben wird, um Interpretationsspielräume zu minimieren. Im Zweifel referenziert man auf bestehende Normen oder Standards (z. B. DIN-Normen, GEFMA-Richtlinien), um Anforderungen präzise auszudrücken.
